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BERLIN, 27.11.2023
Sehr geehrter Herr Kultursenator Joe Chialo,
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson,
wir schreiben Ihnen im Namen aller Studierenden des HZT Berlin und der vielen Alumni, die aktiv zur Tanzszene Berlins beitragen. Angesichts der drohenden und vorgeschlagenen Haushaltskürzungen für die Tanzförderung in den Jahren 2024 und 2025 sind wir sehr besorgt um unsere Zukunft.
Deshalb bitten wir um ein Gespräch mit Ihnen, um unsere Anliegen zu erörtern und Lösungen auszuloten. Dieses Treffen würde einen konstruktiven Dialog und ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen ermöglichen, mit denen wir, die Studierenden, und die jungen freischaffenden Tänzer*innen und Choreograph*innen, die am HZT ihren Abschluss gemacht haben, in Berlin konfrontiert sind.
Wir wissen um die Arbeit des Runden Tisch Tanz, der 2018 etabliert wurde; über 200 Vertreter*innen aus der Tanzszene, der Kulturpolitik und der Verwaltung haben einen Entwicklungsplan für dringend gebrauchte Maßnahmen und Strukturen zur Unter-stützung des Tanzes und der Choreographie erarbeitet. Viele Absolvent*innen des HZT waren in den Arbeitsgruppen und am Symposium beteiligt. Das war ein Aufbruch, ein positives Signal für die Zukunft.
Nun müssen wir erfahren, dass der Tanz sowohl weniger Basis- und Konzept-förderung bekommen hat (ca. 15% Kürzung!) als auch die Maßnahmen des Runden Tisch Tanz um ca. 15% gekürzt werden sollen, obwohl hier ohnehin schon viel weniger angesetzt wurde als das, was ursprünglich als notwendig errechnet wurde.
Wir erhalten am HZT eine hervorragende Ausbildung. Viele Alumni sind erfolgreich in unterschiedlichen professionellen Bereichen, z.B. sind drei HZT-Alumni zur Tanzplattform Deutschland 2024 eingeladen (drei von 10 Beiträgen). Aber mit welcher Motivation sollen wir studieren, wenn unsere Perspektiven, in dieser Stadt als professionelle Künstler*innen zu arbeiten, sich weiter verengen anstatt größer zu werden?
Die Berliner Tanzszene zeichnet sich durch einen einzigartigen kollaborativen Geist aus. HZT-Absolvent*innen engagieren sich aktiv in der Kulturpolitik, wie z.B. dem Zeitgenössischen Tanz Berlin (ztb) e.V., und setzen sich in vielfältiger Weise für den Aufbau von Communities ein. Zu den Ergebnissen des vom Senat finanzierten Runden Tisch Tanz gehört eine Verlagerung der Tanzförderung weg von produkt- und projektorientierten Ansätzen hin zur direkten Förderung von Künstler*innen und ihrer künstlerischen Praxis. Dieses Modell, das sich in anderen Ländern bewährt hat, fördert ein nachhaltigeres Paradigma der Kunstförderung, das den Aufbau von Gemeinschaften unterstützt und eine wettbewerbsorientierte "Ich, ich, ich"-Haltung reduziert. Wir glauben, dass dieses Modell für Berlin sehr geeignet ist und der Stadt direkt und indirekt zugute kommt, indem es Beispiele liefert, wie wir zusammen arbeiten und leben können.
Wir freuen uns, dass Sie, Herr Kultursenator und Frau Staatssekretärin, die Bedeutung des Tanzes für die Berliner Kulturlandschaft anerkennen. Wir bitten Sie jedoch eindringlich, nicht nur die vorgeschlagenen Haushaltskürzungen zu verhindern, sondern sich auch für die notwendige Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen einzusetzen. Den Forderungen des Netzwerks TanzRaumBerlin und des ztb e.V. schließen wir uns an. Es braucht eine Tanz-Agenda 2024!
Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit. Und wir freuen uns auf die Möglichkeit eines Treffens, um diese Anliegen ausführlicher zu besprechen.
Mit freundlichen Grüßen
alle aktuell am HZT Studierenden:
Muhamed Akiles Al-Agaili, Mateo Argerich, Saeed Asadsangabi, Leonie Baur, Paula Behrens, Ella Olivia Bender, Burcu Bilgiç, Oska Borcherding, Núria Carillo Erra, Negin Changizi, One Choi, Francesco Corsi, Michael(a) Daoud, Haidar Darwish, Juana del Mar Jimenez Infante, Carolina de Vega, Johann Eggebrecht, Eleni Faki, Melissa Ferrari, Kysy Fischer, Ángel Fontaneda, Pooyesh Frozandeh, Anton Gerzina, Lucas Godoi Sene, Alejandro González, Matteo Haitzmann, Melissa Herrada Vázquez, Natalia Higuita, Mila Nhu-Nhien Horst, Kkotshin Im, Tomoko Inoue, Johanna Magdalena Jörns, Lina Katt, Salome Kehlenbach, Donggeon Kim, Min-Suck Kim, Monia Kimara, Lisa Kohlstädt, Kamila-Monika Li, Crispin Lord, Giulia Machado-Rossi, Naledi Majola, Edgar Mauser, Safete Muchave, Colleen Ndemeh Fitzgerald, Sophia Obermeyer, Onur Özyurt, Sefa Okutan, Maria Olle Herce, Auro Orso, Noah Rees, Mahshad Rezai, Mariana Romagnani, Andrii Romanenko, Amara Thomas Saavendra, Selma Sandhagen, Holger Seidelin, Vera Shchelkina, Felipe Soto, Milena Luise Stein, Hana Stojaković, Marie Stremmel, Zsombor Szabo, Suet Wa Tam, Elvan Tekin, Diana Thielen, Hana Umeda, Gökçe Gizem Uzun, Dalia Velandia Cruz, Coco Watts, Béla Weimar-Dittmar, Naomi Wiener, Tim Winter, Konstantin Wloch, Nicole Wysokikamien, Yuchen Xie, Frida Zack
sowie die Alumni des HZT
PRESSEMITTEILUNG
Die Choreographin und Performerin Claire Cunningham erhält den Ruf auf eine Einstein-Profil-Professur für „Choreography, Dance and Disability Arts“ am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin (HZT Berlin)
Die schottische Choreographin und Performerin Claire Cunningham erhält den Ruf, ab dem Wintersemester 2023/24 als Einstein-Professorin „Choreography, Dance and Disability Arts“ am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz (HZT) tätig zu sein. Im Rahmen ihrer Professur ist vorgesehen, dass Claire Cunningham für zunächst fünf Jahre am HZT lehren und forschen wird. Sie ist die erste Künstlerin, die den Ruf auf eine Einstein-Profil-Professur erhält. Claire Cunningham wird in Berlin u. a. ihren Schwerpunkt „Choreography of Care“ einbringen und weiterentwickeln.
Claire Cunningham nutzt und (zweck-)entfremdet ihre Krücken als Erweiterung ihres tanzenden Körpers, und die „Choreography of Care“ ist eine künstlerische Antwort auf Fragen, die sich aus ihrer kritischen Reflexion über Normativität ergeben. Wie Cunningham erklärt, geht es hierbei um „Praktiken der Aufmerksamkeit und des Beobachtens, die durch die gelebte Erfahrung von Behinderung und durch Crip-, Queer- und feministisches Denken geprägt sind.“
In Claire Cunninghams Arbeit am HZT werden die beiden Trägerhochschulen UdK Berlin und HfS Ernst Busch eingebunden mit dem Ziel, inter- und transdisziplinäre Projekte zu entwickeln, an deren inklusivem Ansatz weitere künstlerische Studiengänge partizipieren können. Nach Rufannahme ihrer Einstein-Profil-Professur wird Claire Cunningham ebenso mit Kolleg*innen weiterer Berliner Universitäten und Kulturinstitutionen zusammenarbeiten.
„Die Möglichkeit, die Arbeit, Techniken und Praktiken von behinderten Tanzkünstler*innen und Choreograph*innen mit Studierenden zu teilen, diese Linien in einer angesehenen europäischen Tanz- und Kunstinstitution zu platzieren und die Ausbildung von behinderten Tänzer*innen und Choreograph*innen zu unterstützen ist eine ungeheuer spannende Aufgabe für mich. Ich freue mich darauf, meine eigenen Forschungen in einer neuen Konstellation von Kolleg*innen und Studierenden in Berlin zu vertiefen. Bei früheren Begegnungen mit HZT-Studierenden habe ich ihre Neugier und ihren Wunsch, sich zu engagieren und über das Studio hinaus zu lernen, als wirklich ermutigend empfunden, und ihr proaktiver Ansatz, aus einer Vielzahl von Erfahrungen zu lernen, unterscheidet sie von Studierenden, die ich anderswo kennengelernt habe,“ äußert sich die Choreographin.
Prof. Nik Haffner, künstlerischer Leiter des HZT, ergänzt: „Die Berufung der Choreographin Claire Cunningham zur Einstein-Profil-Professorin ist ein Meilenstein für den Standort Berlin, sowohl für den Tanz wie auch für die Forschungs- und Hochschullandschaft; nicht zuletzt auch deshalb, weil Claire Cunningham ihre Kunst immer auch als Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen und als Aktivismus versteht. Die Einstein-Profil-Professur konnte auf dem Fundament des Berliner Projekts ‚Making a Difference‘ entstehen, das die selbstbestimmte Arbeit behinderter, Tauber und chronisch kranker Künstler*innen im Tanz seit 2018 fördert; zu den acht Organisationen dieses Netzwerks zählt seit Gründung auch das HZT.“
Die Leitungen der beiden Trägerhochschulen sehen die Ruferteilung als herausragenden Beitrag für die Verortung der künstlerischen Forschung und internationalen Wirksamkeit des Kunst- und Wissenschaftsstandorts Berlin.
Prof. Dr. Norbert Palz, Präsident der UdK Berlin: „Die Berufung Claire Cunnighams auf eine Einstein-Profil-Professur erweitert das künstlerische und wissenschaftliche Profil des HZT in relevantem Maße. Ihr interdisziplinäres Profil bietet interessante institutionelle Vernetzungsmöglichkeiten zwischen den Künsten und Wissenschaften mit großer Strahlkraft über Berlin hinaus.“
Dr. Anna Luise Kiss, Rektorin der HfS Ernst Busch: „Es hat sich einiges in Bezug auf Inklusion in der Lehre der Künste an den vier künstlerischen Hochschulen Berlins getan. Die Einstein-Profil-Professur ‚Choreography, Dance and Disability Arts‘ stellt eine ideale Weiterführung dieser Entwicklung dar. Die Möglichkeit, Claire Cunningham zu erleben und mit ihr zusammenzuarbeiten, ist eine große Motivation und Bereicherung, die weit über das HZT und ihre Trägerhochschulen für den künstlerischen Ausbildungs- und Forschungsstandort Berlin Wirksamkeit entfalten wird.“
Mit den Profil-Professuren unterstützt die Einstein Stiftung Berlin Berufungen von Spitzenforscherinnen und -forschern aus dem Ausland, die von herausragender strategischer Bedeutung für den Wissenschaftsstandort Berlin sind. Erstmals vergibt die Stiftung eine Einstein-Profil-Professur an eine künstlerische Hochschule. „Claire Cunninghams Bereitschaft, nach Berlin zu kommen, ist eine Auszeichnung für unsere Stadt, und wir freuen uns, dass wir als Einstein Stiftung einen Beitrag dazu leisten konnten“, so der Vorstandsvorsitzende Prof. Martin Rennert.
Weitere Informationen
Claudia Assmann
Leiterin Stabsstelle Presse / Kommunikation
Universität der Künste Berlin
claudia.assmann[at]intra.udk-berlin.de
Tel. 030 3185-2456
www.udk-berlin.de
Im Mai erschien mit Breathe – Critical Research into the Inequalities of Life der erste Band von Corporeal Matters, einer neuen Publikationsreihe über kunstbasierte Forschung, insbesondere über Praktiken und Konzepte, die den Körper in den Mittelpunkt stellen. Sie beleuchtet, wie der Körper gleichzeitig als Zeuge, Dokument und Akteur im zeitgenössischen Leben erscheint, und bietet Einblicke in die Körperlichkeit als die oft vernachlässigte Dimension, die Ethik, Ästhetik und Politik durchdringt. Die Reihe wird von Sandra Noeth, Janez Jansa und Sandra Umathum bei transcript publishers herausgegeben. Sie umfasst Sammelbände, selbst verfasste Publikationen, Arbeitsbücher und andere Formate aus verschiedenen Perspektiven und Praxisfeldern. Sie basiert auf Momenten der Forschung, Begegnung und Debatte, die im Kontext des HZT - Hochschulübergreifendes Zentrum für Tanz Berlin entstehen.
Für die Berliner Hochschulen stehen im ersten Halbjahr 2023 mit den Hochschulvertragsverhandlungen sehr wichtige Entscheidungen an. Dies betrifft nicht zuletzt das HZT Berlin mit seinen rund 80 Studierenden im Bereich Zeitgenössischer Tanz, Choreographie und Performance – es braucht mutige politische Schritte und eine substanzielle strukturelle Stärkung, um das international anerkannte Berliner Erfolgsmodell HZT weiter und in die Zukunft führen können. Das HZT hat mit Tanz, Forschung, Zukunft. Das HZT für Berlin eine Zeitung herausggeben, deren Texte Sie hier bequem online lesen können und sich über die weiteren Aktionen im Jahr umfassend informieren können.