Venuri Perera
If I may be candid
Die nach der Unabhängigkeit entstandene Klassenstruktur in Sri Lanka ist ein Produkt des kolonialen Erbes. Venuri, die in Colombo geboren wurde, wuchs in der englischsprachigen Mittelschicht auf, die bestimmte von den ehemaligen Kolonialherren übernommene Praktiken beibehält, um ihren sozialen Status zu schützen. Bei dieser Klassenhierarchie geht es nicht so sehr um Geld, denn Venuri wuchs mit der Scham auf, aufgrund der Lebensbedingungen ihrer unmittelbaren Familie als ‚arm‘ zu gelten, aber sie räumt ein, dass es sich um eine ‚privilegierte Armut‘ handelte. Durch verschiedene Forschungsprojekte, Arbeiten und performative Experimente in den letzten Jahren lernte Venuri die Nuancen und Komplexität dessen kennen, wie Klasse verkörpert, kodiert und kommuniziert wird. Sie nutzt ihren Körper als persönlichen Ort, von dem aus sie die Komplikationen einer privilegierten braunen Frau mit einem srilankischen Pass in neokolonialen Räumen aufdeckt. Venuri wird auf einige ihrer Arbeiten und persönlichen Erfahrungen eingehen und offen darüber reflektieren, was sie gelernt hat. Sie wird untersuchen, wie ihre klassenbezogene Erziehung und ihre Vorstellungen von Respektabilität ein kompliziertes Verhältnis zum Tanz, zu ihrem Körper und zu Sinnlichkeit geschaffen haben: wie sich Privilegien verschieben, wenn sie ihren Kontext verlässt, wie sie sich positioniert und wie sie sich selbst positioniert sieht; wie Klasse über Grenzen hinweg verbindet. Sie wird Strategien teilen, mit denen sie versucht, die Wahrnehmung von Klassenstrukturen zu verändern, um eine Verbindung zum ‚Anderen‘ herzustellen, und Momente in denen diese Strategien an der heimtückischen Natur der mentalen und physischen Verkörperung von Klasse scheitern.
Wintersemester 2022/23: SODA Lecture Series The Performativity of Class
Studio 11 & Live Stream: https://stream.udk-berlin.de/w/pM1YmhcT4JPFfP8WUL2omU
Eintritt frei / Auf Englisch
Venuri Perera ist eine Choreografin, Performancekünstlerin, Kuratorin und Pädagogin aus Colombo, die derzeit in Amsterdam lebt. Seit 2017 erforscht sie die Machtdynamiken von Blicken, Opazität und Sinnlichkeit durch performative Experimente in Theatern, Galerien und im öffentlichen Raum. Ihre Soloarbeiten beschäftigen sich mit gewaltvollem Nationalismus, Patriarchat, Grenzritualen, kolonialem Erbe und Klasse. Venuris Arbeiten wurden international auf Festivals, Plattformen und Symposien gezeigt; sie hat eng mit den Choreograf:innen Geumhyung Jeong, Natsuko Tezuka und Zwoisy Mears-Clarke zusammengearbeitet. Venuri ist seit 2016 Kuratorin der Colombo Dance Platform, die vom Goethe-Institut Colombo unterstützt wird. Sie war Gastdozentin an der University of Visual and Performing Arts in Colombo und Mitglied des Dance Panel des Arts Council in Sri Lanka. Sie ist Absolventin des DAS Theatre, Amsterdam, und hat einen MA in Psychologie (Universität Pune 2006) und einen Postgraduiertenabschluss in Dance In Community (Laban, London 2008). Venuri versucht, in ihrem Leben und ihrer Arbeit Bedingungen für Mitgefühl, radikale Liebe und Heilung zu schaffen. Meistens scheitert sie, aber sie bleibt optimistisch.
Die Vortragsreihe wird gemeinsam kuratiert und organisiert von Prof. Dr. Sandra Noeth (MA SODA/HZT Berlin) und Prof. Dan Belasco Rogers (UdK Studium Generale).
Veranstaltungsort: Uferstudios | Uferstr. 23 | 13357Berlin