Unversehrtheit

Conversations on the Integrities of the Body

Die Corona-Pandemie hat den Körper wieder einmal mehr ins Zentrum politischer und gesellschaftlicher Debatten gerückt. Doch Fragen nach seinem Status werden nicht erst durch das Virus relevant, sondern sind zentral in zahlreichen Konflikten, die die Welt weiterhin bestimmen.

Was bedeutet es für einen einzelnen Körper, für den Körper eines Kollektivs, sicher und unbeschadet zu sein? Wie hängt die Idee eines unversehrten Körpers damit zusammen, wie wir uns einen Körper vorstellen, erfahren, wie wir ihn darstellen oder definieren? Inwiefern kommen dabei Ästhetik und Performance ins Spiel? Und wo liegt unsere Verantwortung, wenn es darum geht, Sichtbarkeit und Handlungsmacht für Körper zu schaffen, die physischen oder symbolischen Angriffen ausgesetzt sind?

Die Online-Reihe „Unversehrtheit: Conversations on the Integrities of the Body“ brachte auf Initiative der Kuratorin und Wissenschaftlerin Sandra Noeth internationale Künstler*innen und Forscher*innen aus verschiedenen Disziplinen und Praxisfeldern zusammen, um sich dem Körper und dem Begriff der Unversehrtheit zu nähern.

An den Schnittstellen von Ästhetik, Ethik und Politik zeigt sich der Körper in aktuellen ideologischen, biopolitischen und humanitären Krisen als Handelnder und als Zeuge, als ein Ort, an dem Ideale ebenso wie Ideologien verhandelt werden. Dabei stellt sich auch die Frage, welchen Körpern wir rechtlichen Schutz und ethische Anerkennung zukommen lassen. In dem kontrovers diskutierten und ungleich verteilten ‚Recht auf körperliche Unversehrtheit‘ hinterlegt, findet diese Auseinandersetzung zudem viel kleinteiligen Ausdruck auf struktureller und alltäglicher Ebene.

Die Gesprächsreihe schaffte einen informellen Raum der Reflexion und des Austausches. Sie verband diskussionsbasierte Begegnungen von Expert*innen (In Conversation #1-#8), die die Idee der Unversehrtheit des Körpers aus ihren jeweiligen Kontexten heraus betrachten, mit dramaturgischen Sessions (Dramaturgical Perspectives #1-#4). Diese nahmen die Strategien und Praktiken zum Ausgangspunkt, die Künstler*innen aus ihren spezifischen Erfahrungen und Arbeitsfeldern heraus entwickeln.

Erstausstrahlungstermine:
In Conversation #1-#8 
Di. 5.5., Di. 12.5., Di. 19.5., Di. 26.5., Di. 2.6., Di. 9.6., Di. 16.6., Di. 23.6., jeweils 18 Uhr

Dramaturgical Perspectives #1-#4
Mi. 13.5., Mi. 27.5., Mi. 10.6., Mi. 24.6., jeweils 18 Uhr

Erste Veranstaltungen
Di. 5.5., 18 Uhr, In Englisch
In Conversation #1: Integrities, in the plural
mit Dr. Francesca Raimondi (Philosophin, Professorin Goethe-Universität Frankfurt a.
Main), Dr. Emilia Zenzile Roig (Politikwissenschaftlerin, Gründerin Direktorin CIJ-Center for Intersectional Justice)
Di. 12.5., 18 Uhr, In Englisch
In Conversation #2: Collective Wounds
mit Omar Al-Dewachi (Medizinanthropologe, Außerordentlicher Professor Rutgers
University New Brunshwick), Hakan Topal (Künstler, Professor für Neue Medien Kunst, Design, Purchase College New York)
Mi. 13.5., 18 Uhr, In Englisch
Dramaturgical Perspectives #1
mit Yasmeen Godder (Choreografin), Eisa Jocson (Bildende Künstlerin, Choreografin)

Aktuelles Programm und Updates unter www.mousonturm.de/dmt

Nach ihrer Erstausstrahlung sind die Gespräche bis zum 28. Juni 2020 abrufbar

Kuration Dr. Sandra Noeth, Professorin am HZT Berlin, arbeitet international als Kuratorin und Dramaturgin in freien und institutionellen Kontexten. Als Leiterin der Dramaturgie- und Forschungsabteilung am Tanzquartier Wien (2009–2014) entwickelte sie eine Reihe von Recherche- und Veranstaltungsprojekten zu Konzepten und Praktiken von Verantwortung, Religion, Integrität und Protest im Verbindung mit Körpern. Ein Schwerpunkt ihrer kuratorischen und wissenschaftlichen Forschung sind ethische und politische Perspektiven auf Körperpraxis und -theorie (siehe: Violence of Inscriptions, ein Projekt zu Körpern unter strukturellen Gewalterfahrungen, mit A. Zaides, 2016-18, HAU Hebbel am Ufer) und Dramaturgien im Kontext körperzentrierter Darstellender Künste. Sie ist Mitherausgeberin mehrerer Bücher zum Thema, wie z.B. Bodies of Evidence: Ethics, Aesthetics and Politics of Movement (2018, mit G. Ertem, Passagen) oder des Periodikums SCORES (2010–16, mit Tanzquartier Wien). Ihre Dissertation (2018) beschäftigt sich mit der ineinandergreifenden Erfahrung von Grenze und von Kollektivität am Beispiel künstlerischer Arbeiten aus dem Libanon und aus Palästina (Resilient Bodies, Residual Effects, ab 2019 im transcript Verlag).

„Unversehrtheit: Conversations on the Integrities of the Body” ist ein Projekt von Künstlerhaus Mousonturm mit Sandra Noeth im Rahmen von „Corponomy – Politiken des Körpers in Tanz, Performance und Gesellschaft“, gefördert durch die Bundeszentrale für Politische Bildung, und im Rahmen von „DTM – Digitaler Mousonturm“, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien als Teil des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, unterstützt durch das Hochschulübergreifende Zentrum Tanz Berlin.

Gespräche mit: Banu Bargu (Politikwissenschaftlerin, Professorin University of California Santa Cruz); Steven Cohen (Performancekünstler), Omar Al-Dewachi (Medizinanthropologe, Professor Rutgers University New Brunshwick), Gurur Ertem (Soziologin & Tänzerin), Yasmeen Godder (Choreografin), Eisa Jocson (Bildende Künstlerin & Choreografin), Dennis Krämer (Soziologe, Ruhr-Universität Bochum), James Martell (Politikwissenschaftler, Professor San Francisco State University), Lina Majdalanie (Performancekünstlerin & Autorin), Raquel Meseguer (Choreografin), Francesca Raimondi (Philosophin, Professorin Goethe-Universität Frankfurt a. Main), Emilia Zenzile Roig (Politikwissenschaftlerin, Gründerin & Direktorin CIJ-Center for Intersectional Justice), Hakan Topal (Künstler, Professor für Neue Medien, Kunst & Design, Purchase College New York), Jeremy Wade (Choreograf), Akira Takayama (Regisseur), Nuno Ramos (Bildender Künstler & Autor) u.a.

Kuration: Prof. Dr. Sandra Noeth (HZT Berlin), Mitarbeit: Anna Wagner

Streaming: Jascha Bernhard und Sriram Srivigneswaramoorthy, NYX.tv