6. Biennale Tanzausbildung 2018

Dancing in the Street. Was bewegt Tanz?

Dancing in the Street. Was bewegt Tanz?
Die 6. Biennale Tanzausbildung 2018 rückte die wechselseitige Beziehung zwischen Tanz und gesellschaftlichen und politischen Themen in den Mittelpunkt. Unter dem Titel „Dancing in the Street. Was bewegt Tanz?“ fragte sie nach der politischen Dimension von Tanz sowohl im Studium, Studio und auf der Bühne als auch innerhalb der politischen und sozialen Kontexte in denen wir leben.

Die 6. Biennale Tanzausbildung 2018 war ein Projekt der Ausbildungskonferenz Tanz und wurde veranstaltet vom HZT Berlin. Studierende und Vertreter*innen der staatlichen Ausbildungsinstitutionen für Tanz in Deutschland trafen sich zu einer einwöchigen Austauschplattform in den Uferstudios und zwei öffentlichen Aufführungen im HAU Hebbel am Ufer. Die Biennale gab den Teilnehmer*innen ein Forum, sich durch Workshops, Trainings, künstlerische Präsentationen, Vorträge und Gesprächsformate gemeinsam mit berufsrelevanten Themen und Fragestellungen auseinanderzusetzen und unterschiedliche Ausbildungs- und Arbeitsansätze kennenzulernen.

Über das notwendig Politische in Tanzausbildungen
Tanzstudierende kommen in der Ausbildung und Berufspraxis früher oder später mit verschiedenen Facetten des Politischen in Berührung und müssen sich hierzu verhalten. Während der Biennale waren die Teilnehmer*innen daher eingeladen, gesellschaftliche und politische Aspekte in der eigenen Praxis zu reflektieren und diese im Diskurs zu verorten. Was bedeutet politisches Bewusstsein im Kontext Tanzausbildung? Was ist meine Handlungskompetenz als Tänzer*in und was meine Verantwortung? Was bedeutet es, hier und heute zu tanzen? Was hat es zu anderen Zeiten und an anderen Orten bedeutet? Welche Impulse gibt der Tanz direkt oder indirekt in die Gesellschaft hinein? Wie und mit welchen gesellschaftlichen und politischen Ereignissen beschäftigen sich Akteure im Tanz?

Tanz als Kunstform hat im Verlauf der Geschichte immer wieder seine gesellschaftliche und politische Wirksamkeit beansprucht: Sei es im Sinne einer ästhetischen Neuverhandlung des Körpers und seiner Darstellungen, sei es in der Auseinandersetzung mit konkreten politischen Ereignissen oder indem Tanz Formen des gemeinschaftlichen Praktizierens und Weitergebens erprobt hat, die Modell für gesellschaftliches Zusammenleben sein können.

Tanz als Mittel für gesellschaftlichen Protest und politisches Handeln
Aber auch – oder vielleicht besonders – außerhalb der Theaterbühne hat Tanz immer wieder sein Potenzial zu gesellschaftlicher Veränderung entfaltet. So geht der erste Teil des Biennale-Titels „Dancing in the Street“ zurück auf den gleichnamigen Song der US-amerikanischen Gruppe „Martha & The Vandellas“. 1964 ursprünglich als harmloser Partysong aufgenommen, erfuhr er im Zuge der Bürgerrechtsbewegung eine zweite Bedeutung als Protestsong der afroamerikanischen Demonstrant*innen. Der Aufruf zum Tanzen auf der Straße war in den USA der 60er Jahre eine gefühlte Bedrohung der sozialen Ordnung, die mehrere Radiosender dazu veranlasste, den Song aus dem Programm zu nehmen.

Welche Macht nicht nur vom tanzenden, sondern auch vom still verharrenden Körper ausgeht, hat in jüngster Zeit der Choreograph und Tänzer Erdem Gündüz mit seiner Aktion „Standing Man“ gezeigt: Acht Stunden lang stand Gündüz 2013 regungslos auf dem Taksim-Platz in Istanbul und starrte auf ein Transparent mit dem Portrait des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürks. Weder die polizeiliche Befragung noch die Durchsuchung seiner Hosentaschen und seines Rucksacks hielten ihn von seinem friedlichen Widerstand und stillen Protest für die Meinungsfreiheit ab.

Diese Beispiele zeigen: das Politische im Tanz reicht von der gemeinschaftlichen Erfahrung im Studio bis zum zivilen Ungehorsam im öffentlichen Raum. Die Biennale Tanzausbildung versucht dieses Spektrum abzubilden, indem sie in Workshops für die Studierenden und einer eintägigen öffentlichen Konferenz künstlerische Positionen und Perspektiven vorstellt, die auf unterschiedliche Art das Verhältnis zur Gesellschaft thematisieren und so zeigen, wie sich in und durch Tanz agieren lässt.

Ideen entwickeln für Tanzausbildung und Tanzkunst
Die 6. Biennale Tanzausbildung nahm die Beschäftigung mit den möglichen gesellschaftlichen und politischen Handlungsräumen von Tanz auch zum Anlass, um zu fragen: Wohin bzw. wofür sollte professionelle Tanzausbildung sich öffnen, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen? Was können Tanz und Tanzausbildung für verschiedene gesellschaftliche Bereiche leisten und welche Kontakte und Schnittstellen müssen dafür etabliert werden? Was sind die politischen und gesellschaftlichen Visionen der nächsten Generation Tanz-Schaffender und wie kann man sie bestmöglich darin unterstützen, diese zu realisieren?

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Die 6. Biennale Tanzausbildung vom 26.2. - 5.3.2018 war ein Projekt der Ausbildungskonferenz Tanz. Veranstaltet vom Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. In Kooperation mit dem HAU Hebbel am Ufer, Tanztreffen der Jugend, Sasha Waltz & Guests, TanzRaumBerlin, Jazz Institut Berlin (JIB). Mit freundlicher Unterstützung des Goethe Instituts.

Während der Biennale Tanzausbildung 2018 führten Sheena McGrandles und Diego Agulló eine Reihe von Formaten durch, die in einer Online-Videodokumentation schlossen. Diese Formate luden die Teilnehmerinnen zu wechselseitige Begegnungen ein, initiierten eine offene Reflexionen zum Thema Politik und Tanz und erforschten, wie wir Politik in unseren Alltag wahrnehmen und leben.

Workbook 6. Biennale Tanzausbildung 2018

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