Über Prof. Claire Cunningham und ihre künstlerische Forschung
Choreography of Care
Claire Cunningham ist für ihre pointierte Nutzung und Un-Nutzung ihrer Krücken als Erweiterung ihres tanzenden Körpers bekannt. Die sich immer weiter entwickelnde Rahmung ihrer Arbeit – der „Choreography of Care“ (wörtlich übersetzt "Choreographie der Fürsorge") – ist eine künstlerische Antwort auf Fragen, die sich in der kritischen Reflexion über Normativität bilden. Cunningham sagt, dass es um „practices of attention and observation, informed by the lived experience of disability and by crip, queer and feminist thinking”, geht, also eine Praxis der Aufmerksamkeit und der Beobachtung, die durch das Erleben von Behinderung sowie durch crip*, queeres und feminitisches Denken evoziert wird.
Des Weiteren liegt ihr Fokus auf der Möglichkeit des Teilens der eigenen Arbeit, wie auch von Techniken und Praktiken behinderter Künstler*innen und Choreograph*innen mit Studierenden. Für Cunningham ist es eine spannende Aufgabe, diese Prozesse in einer renommierten europäischen Tanz- und Kunstinstitution zu verorten und die Ausbildung von behinderten Tänzer*innen und Choreograph*innen zu unterstützen. Mit Freude blickt sie darauf, ihre eigene Forschung in einer neuen Konstellation von Kolleg*innen und Studierenden in Berlin zu vertiefen.
Die Einstein-Profil-Professur in „Choreography, Dance and Disability Arts” ist primär auf eine Erweiterung von Cunninghams fortlaufendem Beitrag zu künstlerischer Forschung ausgelegt. Den Kern der Forschung bilden die drei thematische Hauptstränge: CRIP CHOREO CARE. Diese bilden das Gerüst für ihr Team und die Arbeit in der Zeitspanne der Professur. In dieser Zeit werden Cunninghams Forschung, das Team und ihre Präsenz zu einer Initiierung und Unterstützung von schrittweisen Veränderungs- und Umgestaltungsprozessen beitragen – hin zu einer zugänglichen, anti-ableistischen, crip-positiven Zukunft im Bereich von Choreographie und Tanzausbildung am HZT, mit Partnerinstitutionen und der Berliner Tanzszene.
Die strategischen Professuren der Einstein Stiftung Berlin fördern mit der Berufung von Spitzenforscher*innen aus dem Ausland Personen, die für den Wissenschaftsstandort Berlin von herausragender strategischer Bedeutung sind. Mit der Professur von Claire Cunningham vergibt die Stiftung die Einstein-Profil-Professur zum ersten Mal an eine behinderte Aktivistin und Künstlerin sowie an eine Kunsthochschule.
*Crip ist eine politische und kulturelle Identität, die einigen behinderten Personen zur Selbstbeschreibung dient.
Über die nächsten fünf Jahre werden Claire Cunningham und ihr Team:
- mit Produktionen und Tourneen neuer künstlerischer Arbeiten, wie: „Songs of the Wayfarer” forschen. Es werden laufend neue Lehr- und Seminarformate am HZT angeboten, die auch die künstlerische Forschung in crip Expertise und Perspektiven in „Dance, Choreography and Disability Arts“ vorantreiben.
- zwei Formate – „Bodies of Knowledge: Choreography of Care” – als alternative Formate zu traditionellen Symposien veranstalten. Damit werden Künstler*innen und Expert*innen aus vielfältigen übergreifenden Feldern zusammengebracht und mit Claires Forschung und der sich stetig weiter entwickelnden „Choreography of Care“ verbunden.
- sich als crip und behindert definierende Künstler*innen und Allies dabei unterstützen ihre eigene künstlerische Forschung aus neuen Perspektiven zu betrachten oder zu erweitern.
- ein strategisches Partner*innen-Netzwerk entwickeln: für Forschung, Entwicklung und kollaborative Projekte in Berlin und Europa.
- ihre Praxis, durch darauf zugeschnittene Gesprächsformate, Workshopaktivitäten, Artikel und Publikationen, teilen und alternative Lehr- und Lernformate einführen.
Videoportrait
Entstanden im Rahmen der Ehrung beim Deutschen Tanzpreis des Dachverband Tanz Deutschland. Gefilmt von Jassy Earl, geschnitten von SIEGERSBUSCH FILM.